Geschichte

Gegründet wurde die örtliche WVAC Essen (öWVAC) am 10. Mai 1898, zu einer Zeit, in der der Ingenieurbedarf der rasant wachenden Industrie und des Bergbaus im Ruhrgebiet riesig war.

In Essen gab es bereits seit 1811 die Gußstahlfabrik von Alfred Krupp. 1897 wurde in Rheinhausen ein modernes Hüttenwerk von Friedrich Alfred Krupp errichtet. Düsseldorf war mit 11 Röhrenwerken weltweit das Zentrum der Rohrfertigung: Poensgen, Hahn und Mannesmann waren einige dieser Firmengründer. Im Jahr 1898 wurden die Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerke RWE gegründet. Das Werk Düsseldorf-Rath der Mannesmannröhren Werke ging 1899 in Betrieb. Der Bergbau an der Ruhr hatte bereits seine ersten Förderschächte abgetäuft, der Tiefbergbau hatte begonnen.

Die Anregung zur Gründung der heutigen WVAC zu Essen kam sicherlich aus Köln. In Köln war 1881 der „Verband Alter Herren des WSC in Rheinland und Westfalen“ – so nannten sich die Vorgänger der öWVAC`s – gegründet worden. Dieser Verband veranstaltete in den größeren Städten seines Einzugsbereiches Kommerse und Bälle. Schon in den frühen 80-iger Jahren des 19. Jahrhunderts fanden jährlich Kommerse in Köln, Düsseldorf, Elberfeld, Oberhausen und auch in Essen statt. Zum Beispiel ist uns ein Bericht erhalten über einen Kommers in Essen am 2. August 1884, an dem bereits 44 Weinheimer Corpsstudenten teilnahmen.

Die stetig wachsende Zahl Weinheimer Alter Herren in den Ruhrgebietsstädten führte zur Gründung örtlicher WVAC, so auch 1898 in Essen. Wichtige Daten und Ereignisse aus den ersten 20 Jahren der WVAC zu Essen verdanken wir Herrn Dr. jur. Carl Weigandt – Saxonia Berlin und Selsvico-Holsatia. Aus seinen Unterlagen kennen wir die Zusammensetzung des Vorstandes zum 1. Stiftungsfest der Alte Herren Vereinigung des WSC zu Essen, wie die Vereinigung damals hieß.

    • Vorsitzender war Herr Stadtbaurat und 1. Beigeordnete Wiebe, Slesvico-Holsatia
    • Vorsitzender war Herr Fabrikant Knaudt, Rhenania Stuttgart
    • Schriftführer Herr Ing. Wolf, Neo Hannovera Hannover

Diese drei Herren sind im ersten Mitgliederverzeichnis der WVAC zu Essen vom Mai 1899 mit den Mitgliedsnummern 1, 2 und 3 aufgeführt und dürften deshalb als Gründungsmitglieder angesehen werden.

Die Gründung der WVAC zu Essen erfolgte in einer Zeit, in der die Geselligkeit einen hohen Stellenwert hatte. Schnell entwickelte sich das Leben in der jungen öWVAC: Zwei Mal monatlich fanden offizielle Kneipen statt, wöchentlich der Dämmerschoppen. Es wurden Stiftungsfeste und Bälle gefeiert, und ab 1904 wurde im Krupp´schen Kasino jeden Montag gekegelt. Einen besonderen Rang hatten die Weihnachtskneipen, die zusammen mit den Damen gefeiert wurden. Sie begannen mit einem gemeinsamen Abendessen, mit Geschenkeverteilung, musikalischen Darbietungen durch die Damen, mit einer kurzen offiziellen Kneipe und anschließendem Tanz.

Nachdem das erste Stiftungsfest im Bismarckzimmer der „Gesellschaft Verein“ gefeiert wurde, beschloss man, ab sofort alle offiziellen Zusammenkünfte dort abzuhalten. Das wurde dann zum Treffpunkt der Vereinigung bis zum Jahre 2011, in dem die „Gesellschaft Verein“ das Haus aufgegeben und verkauft hat.

Im 1. Weltkrieg waren die Aktivitäten der WVAC ziemlich eingeschränkt, da die meisten Mitglieder Kriegsteilnehmer waren. Nach Kriegsende jedoch blühte das corpsstudentische Leben wieder auf, trotz Spartakus und Ruhrbesetzung. Auch nach der Auflösung der aktiven Corps nach 1936 wurden regelmäßige Zusammenkünfte an jedem Mittwoch von den Weinheimer Corpsstudenten fortgesetzt. Selbst im 2. Weltkrieg, als die Bombenangriffe auf Essen an Häufigkeit zunahmen, blieb der Kreis der Weinheimer fest zusammen. Jede Woche war Stammtisch und aus einem erhaltenen Stammtischbuch ist nachgewiesen, dass bis Ende November 1944 nur eine einzige Zusammenkunft ausfiel, weil an dem Tag mehrere Luftangriffe auf Essen das Verlassen der Schutzräume nicht gestattete.

Schon kurz nach Ende des 2. Weltkrieges fanden sich die Essener Corpsstudenten wieder zusammen: Die offizielle Wiedergründung der öWVAC zu Essen nach dem Krieg erfolgte am 16. Februar 1949, ungefähr ein halbes Jahr vor der Wiedergründung des Dachverbandes in Weinheim am 8.10.1949. Zum ersten Nachkriegs-Vorstand wurden gewählt:

    • Rainer Ahren, Saxo-Montania
    • Heinz Figge, Hannovera
    • Hans-Karl Koch, Delta.

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung der 50er Jahre begann eine besondere Blütezeit der WVAC zu Essen: es gab keine Kneipe mit weniger als 30 Teilnehmern, ein Tanzfest lockte stets 100 und mehr Teilnehmer, die Zahl der Mitglieder wuchs auf über 160 an. Die damalige Stärke der WVAC zu Essen dokumentiert sich auch darin, dass sie es war, die den ersten großen WSC-Kommers im Ruhrgebiet nach dem 2. Weltkrieg am 19. September 1953 organisierte. Es nahmen daran mehr als 400 Corpsstudenten aller örtlichen Vereinigungen des Rhein-Ruhrgebietes teil.

Im Laufe der Zeit haben sich so in der Essener WVAC viele Freundschaften herausgebildet. Diese Bindungen sind für alle von uns wichtige Werte und stärken den inneren Zusammenhalt in der WVAC. Ich habe den Wunsch, dass die WVAC zu Essen weiterhin dazu beitragen möge, die corpsstudentische Idee zu beleben, alte Freundschaften zu festigen und neue freundschaftliche Beziehungen zu gründen. Dann hat sie ein wesentliches Ziel erreicht.

Hans-Helmut Hartung,
Corps Hannovera Hannover,
1. Vorsitzender 2019